Ein Arbeitsverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis, das nicht automatisch endet. Möchte eine Partei das Arbeitsverhältnis beenden, bedarf es eines rechtlich wirksamen Beendigungsakts.
Da sich Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmende selten einvernehmlich über eine Auflösung einigen („einvernehmliche Auflösung“), ist in unbefristeten Dienstverhältnissen die Kündigung die häufigste Beendigungsform. Alternativ kann es zur Entlassung (durch den/die Arbeitgeber:in) oder zum Austritt (durch den/die Arbeitnehmer:in) kommen – insbesondere bei schwerwiegenden Vorfällen, bei denen die Einhaltung der Kündigungsfristunzumutbar ist.
In diesem Beitrag erklären wir, was bei einer Kündigung zu beachten ist, welche Fristen und Formvorschriften gelten und wo in der Praxishäufige Fehler passieren.
Da es sich bei der Kündigung um eine einseitige Beendigungsart handelt, ist die Zustimmung der jeweils anderen Vertragspartei nicht erforderlich. Das geltende Arbeitsrecht geht dabei vom Grundsatz der Kündigungsfreiheit aus: Das bedeutet, Arbeitgeber:innen wie auch Arbeitnehmer:innen können das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen durcheinseitige Erklärung auflösen, stets freilich unter Beachtung von Kündigungsfristen und -terminen und etwaiger Formvorschriften.
Eine Unterfertigung des Kündigungsschreibens durch den Gekündigten ist daher grundsätzlich nicht erforderlich. In bestimmten Fällen kann es zu Beweiszwecken jedoch ratsam sein, sich den Erhalt des Kündigungsschreibens bestätigen zu lassen.
Eine Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird erst rechtswirksam, wenn sie in den „Machtbereich“ des Empfängers gelangt, sodass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist.
Wichtige Regeln zum Zugang:
Ändern Arbeitnehmer:innen ihre Wohnadresse ohne Information an den/die Arbeitgeber:in, müssen sie den Zugang der Kündigung gegen sich gelten lassen. Nicht selten wird daher in Arbeitsverträgen vereinbart, dass Arbeitnehmer:innen wesentliche Änderungen (Name, Anschrift etc) umgehend an den/die Arbeitgeberin zu melden haben.
Kündigungserklärungen unterliegen grundsätzlich keiner besonderen Inhalts- oder Formvorschrift. Für den Empfänger muss der Wille, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden zu wollen jedoch eindeutig erkennbar sein. In der Praxis empfiehlt es sich schon aus Beweisgründen der Schriftform den Vorzug zu geben.
Ist Schriftlichkeit vorgesehen, ist darunter „Unterschriftlichkeit“ zu verstehen. Das bedeutet, das Dokument muss eine eigenhändige Unterschrift des Erklärenden aufweisen.
Wichtige Formvorschriften:
Praxistipp: Prüfen Sie daher genau, ob der Arbeitsvertrag oder der anzuwendende Kollektivvertrag ein Formgebot vorsehen. Ist die Form nicht eingehalten, ist die Kündigung unwirksam.
Der OGH entschied, dass bei kollektivvertraglich vorgesehenem Schriftformgebot die Kündigung erst bei Übermittlung des schriftlichen Kündigungsschreibens an den Arbeitsvertragspartner wirksam sei und nicht schon bei Übermittlung eines Fotos des Schreibens über „WhatsApp“ (OGH 28.10.2015, 9 ObA 110/15i).Nichts anderes kann uE für einzelvertraglich vereinbarte Schriftformgebote gelten.[KK1]
Während Arbeitnehmer:innen das Dienstverhältnis grundsätzlich unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten beenden können, haben Arbeitgeber:innen (üblicherweise) längere Kündigungsfristen einzuhalten, die abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses sechs Wochen bis zu fünf Monate betragen. Kündigungstermin ist gesetzlich das Quartalsende; der 15. eines Monats oder der Monatsletzte können vereinbart werden.
Die Vereinbarung einer längeren Frist für Arbeitnehmer:innenkündigungen ist zulässig, sie darf dabei aber nicht länger sein, als jene für den/die Arbeitgeber:in.
Beachten Sie: Die Auflösung während einer vereinbarten Probezeit (§ 19 AngG) gilt nicht als Kündigung. Innerhalb der Probezeit können sowohl Arbeitnehmer:in als auch Arbeitgeber:in das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist jederzeit auflösen.
Praxistipp: Der Lauf der Kündigungsfrist wird (erst) durch den Zugang der Kündigung in Gang gesetzt. Achten Sie daher darauf, dass die Kündigungserklärung rechtzeitig versandt wird. Geht die Kündigung verspätet zu, wird also die gesetzliche oder arbeitsvertragliche Kündigungsfrist nicht (mehr)eingehalten, liegt eine sogenannte zeitwidrige Kündigung vor.
Kündigen Arbeitgeber:innen Arbeitnehmer:innen zeitwidrig, haben Arbeitnehmer:innen Anspruch auf Kündigungsentschädigung. Damit wird schadenersatzrechtlich eine ordnungsgemäße Abwicklung des Arbeitsverhältnisses (zum nächstmöglichen Kündigungstermin) fingiert.
Nachteilig ist – neben dem Anspruch auf Kündigungsentschädigung – allerdings, dass auch die fehlerhafte Beendigung das Arbeitsverhältnis beendet, was unter Umständen von den Parteien gar nicht gewollt ist. Arbeitnehmer:innen haben in diesen Fällen das Entgelt für jenen Zeitraum zu erhalten, das beiordnungsgemäßer Arbeitgeberkündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist und des Kündigungstermins zugestanden hätte bzw bei einem befristeten Arbeitsverhältnisjenes Entgelt bis zum Ablauf der Befristung.
Ein Praxisfall, den wir häufig beobachten, ist, dass Arbeitgeber:innen Kündigungsschreiben schlicht zu spät versenden und allfällige Eventualitäten wie die Hinterlegung beim Postamt oder einen verzögerten Postlauf nicht entsprechend berücksichtigen. Nicht selten kommt es vor, dass Kündigungsschreiben mit ein bis zwei Tagen Verspätung beim Gekündigteneinlangen, obwohl der Kündigungsentschluss bereits seit geraumer Zeit gefasst wurde.
Wie eingangs erwähnt, gilt in Österreich grundsätzlich Kündigungsfreiheit. Die Angabe eines Kündigungsgrundes ist bei Ausspruch daher grundsätzlich (im Regelfall) nicht erforderlich. Das freie Kündigungsrechterfährt in manchen Bereichen zum Schutz bestimmter Arbeitnehmer:innengruppen aber gewisse Einschränkungen, so auch wenn es um die Frage der Begründungspflicht von Kündigungen geht.
Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige ((EU) 2019/1158) wurde ua (auch) eine Begründungspflicht für Kündigungen im Zusammenhang mit Elternkarenz, Elternteilzeit, Pflegefreistellungen und sonstigen Freistellungen aus familiären Gründen eingeführt.
Der/die Arbeitgeber:in hat seither auf schriftliches Verlangen von Arbeitnehmer:innen binnen fünf Tagen eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Der/die Arbeitnehmer:in hat die schriftliche Begründung binnen 5 Tagen ab Zugang der Kündigung zu verlangen. Der Umstand, dass keine schriftliche Begründung übermittelt wurde, ist für die Rechtswirksamkeit der Kündigung aber ohne Belang.
Eine weitere Einschränkung der Kündigungsfreiheit erfolgt durch den sogenannten „allgemeinen Kündigungsschutz“ gemäß § 105 ArbVG. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass aus bestimmten verpönten Gründen keine Kündigungen erfolgen können bzw Arbeitnehmer:innen sich dagegen(nachträglich) zur Wehr setzen können. Der/die Arbeitgeber:in muss es sich also gefallen lassen, dass die Legitimität des Kündigungsgrundes im Einzelfall durch ein Gericht überprüft und die Kündigung als rechtsunwirksam aufgehoben wird.
Liegt kein verpöntes Motiv vor, kann die Kündigung aber auch wegen „Sozialwidrigkeit“ angefochten und für rechtsunwirksam erklärt werden,wenn durch die Kündigung die wesentlichen Interessen des/der Arbeitnehmer:in beeinträchtigt sind und die Interessenabwägung mit jenen Gründen, die seitens des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin für eine Kündigung sprechen, zugunsten des Arbeitnehmers ausschlägt.
Voraussetzung für die Anfechtung einer Kündigung gemäß § 105ArbVG ist das Vorliegen eines betriebsratspflichtigen Betriebes (dh ein Betrieb mit zumindest fünf Arbeitnehmer:innen iSd § 36 ArbVG).
Zu beachten gilt: In Betrieben mit Betriebstrat hat der/dieArbeitgeber:in den Betriebsrat vor jeder beabsichtigten Kündigung von der Kündigungsabsicht zu verständigen (sog „Vorverfahren“). Der Betriebsrat kann in weiterer Folge der Kündigung zustimmen, widersprechen oder keine Stellungnahme abgeben. Je nach Inhalt der Stellungnahme bestehen unterschiedliche Anfechtungsmöglichkeiten der Kündigung.
Eine aus einem unerlaubten Motiv ausgesprochene odersozialwidrige Kündigung (außer bei Zustimmung des Betriebsrats) kann innerhalbeiner äußerst kurzen Frist von einer bzw zwei Wochen nach erfolgtem Ausspruchbei Gericht angefochten werden.
Bestimmte Arbeitnehmer:innengruppen werden vom Gesetzgeber –aus verschiedensten Gründen – als besonders schutzbedürftig betrachtet. Der Gesetzgeber hat eine Kündigung ihres Dienstverhältnisses daher besonders erschwert.
Eine Kündigung ist in der Regel nur bei Vorliegen bestimmt er im Gesetz genannter Gründe zulässig. Darüber hinaus darf sie zumeist nur nach Zustimmung des Gerichts oder wie bei begünstigten Behinderten durch den Behindertenausschuss des Sozialministeriumservice (als besonderes Gremium)erfolgen.
Zum geschützten Personenkreis zählen:
Eine Kündigung bei besonderem Kündigungsschutz, die den gesetzlichen Voraussetzungen nicht entspricht, ist rechtsunwirksam. Das bedeutet, das Arbeitsverhältnis besteht weiterhin aufrecht fort und der Fortbestand kann notfalls auch vor Gericht festgestellt werden.
Neben der Beendigungskündigung kennt die Praxis auch eine bedeutsame Sonderform der Kündigung, deren faktisches Ziel weniger in der Auflösung des Arbeitsverhältnisses als vielmehr in der Änderung des Arbeitsvertrags liegt: Die Änderungskündigung.
Dabei erklärt eine Partei (praktisch immer der Arbeitgeber) die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter Beisetzung eines Angebots auf Vertragsänderung als Bedingung: Die Kündigung soll nur wirksam werden, wenn das gleichzeitige Offert auf Vertragsänderung nicht angenommen wird.
Die Änderungskündigung kann insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein geeignetes Mittel der Wahl sein, um Arbeitnehmer:innen über wirtschaftlich schwache Phasen im Unternehmen zu halten, und gleichzeitig notwendige Einsparungen vorzunehmen.
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