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Neuregelung zu Ausbildungskosten: Was Arbeitgeber:innen jetzt wissen müssen
Jasmin Rungger, LL.M. (WU)
Jan 13, 2025
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Wie Arbeitgeber:innen oft schmerzhaft erfahren, erfordert die Ausgestaltung von Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen äußerste Sorgfalt. Andernfalls droht die Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung – ein Szenario, das dazu führen kann, dass Arbeitgeber:innen nach der Beendigung des Dienstverhältnisses auf sämtlichen Ausbildungskosten sitzen bleiben. Ein teures und vermeidbares Risiko.

§ 2d AVRAG bietet Arbeitgeber:innen in bestimmten Fällen zwar das Recht, von Arbeitnehmenden die Rückzahlung von Ausbildungskosten zu verlangen. Doch die Praxis zeigt, dass die „Tücken“ bereits bei der Gestaltung solcher Vereinbarungen auftreten. Insbesondere eine jüngst eingeführte Neuerung im Rahmen der AVRAG-Novelle 2024 birgt zusätzliche Fallstricke, die schlimmstenfalls die Ungültigkeit der gesamten Vereinbarung nach sich ziehen können – oft ohne, dass dies bekannt ist.

Die Neuerung im Überblick

In Umsetzung der „Transparenz-Richtlinie“ (EU-Richtlinie2019/1152) und der damit einhergehenden AVRAG-Novelle (BGBl I 2024/11) ist seit28. März 2024 eine weitere Regelung betreffend Aus-, Fort- und Weiterbildungen von Arbeitnehmer:innen in Kraft.

Der mit der AVRAG-Novelle eingeführte § 11b AVRAG sieht vor, dass Arbeitgeber:innen in Fällen, in denen die Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, gesetzlich, durch Kollektivverträge oder individuelle Arbeitsverträge vorgeschrieben sind und diese eine Voraussetzung für die Ausübung einer Tätigkeit bilden, als Arbeitszeit gelten sollen. Zudem sind Arbeitgeber:innen fortan verpflichtet, die Ausbildungskosten zutragen, sofern sie nicht von Dritten übernommen werden.

Was regelt § 11b AVRAG konkret?

Ausbildungsmaßnahmen, die vorgeschrieben und erforderlich sind, um die vertraglich vereinbarte Tätigkeit auszuführen, müssen vollständig vom Arbeitgeber finanziert werden.

Mit der Einführung von § 11b AVRAG kamen – wenn man so möchte– daher tiefgreifende Änderungen für die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmer:innen.

Wir klären auf, worauf Arbeitgeber:innen bei der Ausgestaltung von Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen und Arbeitsverträgen künftig zu achten haben.

Sind Rückersatzklauseln bei Bildungsmaßnahmen noch zulässig?

Die Einführung des § 11b AVRAG wirft eine Reihe von Fragen auf: Allen voran steht, wie § 11b AVRAG mit der Bestimmung des § 2d AVRAG zum Ausbildungskostenrückersatz in Einklang zu bringen ist.

In der Literatur haben sich hierzu im Wesentlichen folgende zwei Lösungsansätze herausgebildet:

Restriktive Auffassung: Vertreter:innen der restriktiveren Auffassung sehen § 11b AVRAG als abschließende, speziellere Regelung („lex specialis“), die Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen (iSd§ 2d AVRAG) zur Gänze ausschließen. Für verpflichtende Bildungsmaßnahmen, die nach 28. März 2024 absolviert wurden und werden, sollen Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen zukünftig nicht mehr wirksam vereinbart werden können, sofern die Bildungsmaßnahme für die Tätigkeiterforderlich ist.

Mehrheitliche Auffassung: Die überwiegende Mehrheit geht bisher davon aus, dass § 11b AVRAG und § 2d AVRAG unterschiedliche Sachverhalte regeln. Während sich § 11b AVRAG auf die Kostentragung während des laufenden Arbeitsverhältnisses beziehe, regle § 2dAVRAG den Rückersatz, sollte der/die Arbeitnehmer:in den Vertrag frühzeitig auflösen und die Ausbildung außerhalb des Arbeitsverhältnisses verwerten(können).

So steht etwa auch nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft die Kostentragungspflicht der Arbeitgeber:innen nach § 11b AVRAG einer Rückerstattungsverpflichtung der Arbeitnehmer:innen nach § 2d AVRAG nicht entgegen. Argumentiert wird dies ua damit, dass die Kostentragung getrennt von einem Rückerstattungsanspruch zusehen sei. Aufgrund der Rechtsprechung sei die Verpflichtung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin zur Kostentragung für eine verpflichtende Aus-,Fort- oder Weiterbildung von der Frage zu unterscheiden, in welchem Umfang Ausbildungskosten vereinbarungsgemäß wieder zurückverlangt werden können, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet (unter Verweis auf OGH29.03.2001, 8ObA224/00z).

Was gilt nun? – Eine Abgrenzung zwischen § 11b und § 2d AVRAG

Unseres Erachtens sprechen die besseren Argumente für das Ergebnis, den Regelungsinhalt beider Normen getrennt voneinander zu betrachten. Während § 11b AVRAG daher die Frage der Kostentragung während aufrechtem Arbeitsverhältnis regelt, normiert § 2d AVRAG die Vereinbarungsmöglichkeit der Rückerstattung für den Fall der frühzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses.

Eine abschließende Klärung wird – wie dies im Fall des § 2dAVRAG bereits in der Vergangenheit vielfach der Fall war – jedoch der Rechtsprechung vorbehalten bleiben. Auch ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, in dem er sich mit der Frage der Zulässigkeit von Rückersatzvereinbarungen im Anwendungsbereich der Transparenz-Richtlinie auseinandersetzt, scheint denkbar. Die Vereinbarung eines Ausbildungskostenrückersatzes bei verpflichtenden Bildungsmaßnahmen bleibt vorerst und bis zur abschließenden Klärung durch die Höchstgerichte daher risikobehaftet.

Wir informieren selbstverständlich zeitnah, sobald es Neuigkeiten gibt!

Was bedeutet das für die Praxis? – Was Arbeitgeber:innen jetzt tun sollten

·        Vor dem 28. März 2024 vollständig abgeschlossene Bildungsmaßnahmen fallen nicht unter § 11b AVRAG, ein vereinbarter Kostenrückersatz ist bzw bleibt wirksam.

·        Nach dem 28. März 2024 abgeschlossene Bildungsmaßnahmenunterliegen vollständig § 11b AVRAG ein Kostenrückersatz ist nur in den obengenannten Grenzen zulässig.

·        Maßnahmen, die vor dem 28. März 2024 begonnen, aber erst nach dem 28. März 2024 abgeschlossen wurden, unterliegen ebenfalls § 11b AVRAG.

Praktische Tipps: So minimieren Arbeitgeber:innen Risiken

Arbeitgeber:innen sollten zukünftig sorgfältig prüfen, ob sie im Arbeitsvertrag eine Verpflichtung zur Teilnahme an bestimmten Bildungsmaßnahmen aufnehmen, um so das Risiko einer allenfalls ungültigen Rückersatzvereinbarung zu minimieren. Bis zur abschließenden Klärung durch die Höchstgerichte verbleibt für die Vereinbarung von Rückersatzregelungen bei verpflichtenden Bildungsmaßnahmen ein gewisses (Rest-)Risiko.

Für Ausbildungen, die nicht von § 11b AVRAG erfasst sind, können hingegen weiterhin (rechtlich unbedenklich) den Anforderungen des§ 2d AVRAG entsprechende Rückersatzvereinbarungen abgeschlossen werden.

Sollten Sie bei der Ausgestaltung einer Ausbildungskostenrückersatzvereinbarung Hilfestellung benötigen, berät Sie unser Team sehr gerne!