Das Thema Streik ist momentan omnipräsent – Streik als Druckmittel, ohne welches das Recht auf kollektive Verhandlungen ein bloßes „collective begging“ wäre.
Dabei wird ganz allgemein die geplante Verweigerung der Arbeit durch eine Mehrzahl der Arbeitnehmer:innen verstanden, wobei das Ziel hierbei die Erreichung oder Vereitelung eines bestimmten, angestrebten Zwecks ist. Aus arbeitsrechtlicher Perspektive interessiert, wie die Teilnahme einzelner Arbeitnehmer:innen am Streik zu qualifizieren ist, insbesondere, ob diesen dann für die Zeit der Streikteilnahme ein Entgeltanspruch zusteht oder wie es zu handhaben ist, wenn sich Arbeitnehmer:innen im Homeoffice befinden.
In Österreich wird nur selten gestreikt. Ein gesetzlich geregeltes Streik recht gibt es nicht. Der Streik wird als kollektive Maßnahme gesehen, die als rechtmäßig oder rechtswidrig bewertet werden kann und von der individualrechtlichen Ebene strikt zu trennen ist. Die bisherigen Arbeitskämpfe endeten auch nur selten vor Gericht, sodass es in Österreich kein geschlossenes Leitsatzgebäude der Rechtsprechung zu grundlegenden Arbeitskampffragen gibt.
Die Durchführung eines Streiks zur Durchsetzung von Tarifbedingungen, wenn beispielsweise Kollektivverträge neu verhandelt werden, und es zu keiner Einigung kommt, ist erlaubt. Dazu muss ein Streik von der jeweiligen Gewerkschaft beschlossen werden, wobei von dieser festgelegt wird, an welchen Tagen und Uhrzeiten die Streiks stattfinden. Damit gelten diese festgelegten Zeiträume als Streik.
Vertretene Arbeitnehmer:innen können in diesem Zeitraum, sofern sie Dienst haben, die Arbeit niederlegen. Das Recht auf Streik ist dabei grundsätzlich auch nicht vom konkreten Arbeitsort bzw dem konkreten Arbeitsplatz abhängig. Die streikenden Arbeitnehmer:innen müssen dem Arbeitgeber aber jedenfalls bekannt geben, dass sie sich (vom Homeoffice aus)am Streik beteiligen, da sie sonst mit der Verweigerung der Erbringung der Arbeitsleistung einen Entlassungsgrund setzen und nicht durch das Recht auf Streik geschützt sind.
Sind Arbeitnehmer:innen während eines Streiks nicht arbeitsbereit, kann es zu einem Entfall des Entgeltanspruches kommen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Streik als kollektive Maßnahme erlaubt ist. Sind Arbeitnehmer:innen vom Entfall ihres Entgelts betroffen, kann es jedoch finanzielle Unterstützung aus den Streikfonds der Gewerkschaft geben - davon erfasst sind freilich nur deren Mitglieder.
Dass sich die übrigen Arbeitnehmer:innen (also die Nicht-Streikenden) arbeitsbereit halten, führt dazu, dass diese unter Umständen ihren Entgeltanspruch behalten (können), insbesondere bei Teil- und Schwerpunktstreiks. Es ist jedoch bei jeder arbeitsbereiten Arbeitnehmer:in im Einzelfall zu prüfen, ob diese tatsächlich am vorgegebenen Arbeitsort während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit versucht, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Die Arbeitsbereitschaft kann in der Praxis nämlich auch leichtvorgetäuscht werden und sogar Teil des Arbeitskampfkonzeptes sein[1]und über § 1155 ABGB eine Schonung der gewerkschaftlichen „Streikkasse“ bewirken. Die Rechtsprechung legt wohl auch deshalb bei der Prüfung, ob Arbeitnehmer:innen wirklich arbeitsbereit ist, einen strengen Maßstab an. Arbeitnehmer:innen müssen nachweisen, dass sie ihre Arbeitsleistung ausdrücklich angeboten haben. Zudem haben diese durch Anwesenheit im Betrieb ihre Leistungsbereitschaft zu belegen.[2]
Die Grenzen zwischen Streikenden und Arbeitsbereiten werden in der Praxis oft verschwimmen. Setzen sich Arbeitnehmer:innen für einen Teil-oder Schwerpunktstreik ein und führt dieser dazu, dass Arbeitnehmer:innen nicht beschäftigt werden können, werden diese Arbeitnehmer:innen wohl auch bei Nichtteilnahme am Streik keinen Anspruch auf Entgelt (nach § 1155 ABGB) haben dürfen, auch wenn sich diese (zum Schein) arbeitsbereit zeigen.[3]
Die Bereitschaft zur Arbeit kann ggf einen Versuch der Arbeitnehmer:innen darstellen,ihren Entgeltanspruch beizubehalten. Dies wird jedoch nur in jenen Fällen gelingen, in denen die Arbeitgeber wegen des Streiks ihre Arbeitnehmer:innen nicht beschäftigen können (etwa bei Betriebsstillstand).
Von Bedeutung für den Einzelnen ist, dass eine Teilnahme an einem rechtmäßige Streik keine Verletzung des Arbeitsvertrages darstellt. Das Arbeitsverhältnis wird für die Dauer des legitimen Streikts lediglich suspendiert– die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten ruhen, ein Entfall des Entgelts ist möglich. Eine Entlassung oder Kündigung aufgrund einer legitimen Streikteilnahme ist rechtswidrig und kann bei Gericht angefochten werden (es handelt sich hierbei um ein verpöntes Motiv im Sinne des § 105 Abs 3 ArbVG).
Zusammenfassend können Arbeitnehmer:innen aufgrund der (rechtmäßigen) Inanspruchnahme ihres Streikrechts nicht entlassen werden, jedoch kann die zum Verlust des Entgeltanspruchs führen. Erklären sich Arbeitnehmer:innen arbeitsbereit, können sie ihren Entgeltanspruch uU bewahren.
Sollten Sie zum Streikrecht und seinen Rechtsfolgen Fragen haben, berät Sie unser Team sehr gerne!
[1] MichaelFriedrich, Entgeltfortzahlung und Streik, ASoK 2023, 81 (82).
[2] OGH 19. 12. 2005, 8 Ob A 23/05y.
[3] MichaelFriedrich, Entgeltfortzahlung und Streik, ASoK 2023, 81 (82).
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